„A black man’s country in a white man’s world“

Die Haitianische Revolution als dekoloniale Emanzipation
12.12.2018, Frankfurt/Main

„A black man’s country in a white man’s world“

Die Haitianische Revolution (1791-1804) gilt als die historisch erste und einzige erfolgreiche Revolution versklavter Menschen. Weil sich diese Emanzipation den Kategorien sowohl liberalen als auch marxistischen Denkens entzieht, ist sie bis heute eine Leerstelle in den unterschiedlichen Traditionen europäischnordamerikanischer Theoriebildung. Als wirkmächtiges Symbol der Befreiung von Kolonialismus und Rassismus ist die Haitianische Revolution hingegen bis heute ein zentraler Bezugspunkt für Theorien und Praktiken der Emanzipation Schwarzer Menschen und von People of Color. Entlang der Black Radical Tradition wird der Vortrag die Kolonialität des eurozentristischen Fortschrittsnarrativs aufzeigen, die anhaltende Aktualität und Radikalität der Haitianischen Revolution als Modell dekolonialer und rassismuskritischer Emanzipation herausstellen und dieses zuletzt aus intersektionaler Perspektive weiten.

Die Zukunft des Fortschritts

In den letzten Jahren konnte man sich des Gefühls der Stagnation kaum erwehren: während politische und soziale Kämpfe weitgehend als Abwehrkämpfe gegen den Rückbau bestehender gesellschaftlichen Errungenschaften geführt werden und neue Ideen, ein Zugewinn an menschlicher Emanzipation und Solidarität oder gar die Vision einer radikal anderen Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes als utopisch erscheinen, zielen auch technischen Entwicklungen nicht mehr darauf, neue gesellschaftliche Perspektiven aufzuzeigen. Fortschritt, in der neoliberalen Marktideologie ohnehin nur noch als „Innovation“ oder „Wachstum“ vorstellbar, scheint sich in der Entwicklung von consumer electronics, dem alljährlichen Ersetzen eines Smartphones durch ein anderes und der Erfindung immer neuer und doch eigentlich immer gleicher Gadgets zu erschöpfen.

Wie lässt sich, vor dem doppelten Hintergrund des Stillstandes und Rückbaus emanzipatorischer Errungenschaften einerseits sowie der katastrophalen Konsequenzen (nicht nur) der westlichen Fortschrittsideologie andererseits, die Idee einer emanzipatorischen gesellschaftlichen, kulturellen und technischen Entwicklung heute noch denken? Sowohl in Europa als auch im globalen Süden haben emanzipatorische Bewegungen seit jeher Fortschritt auf ihre Fahnen geschrieben und sich positiv auf die europäisch-aufklärerische Idee des Forschritts bezogen. Was also lässt sich von dieser Idee retten? Kann es einen Begriff von Fortschritt geben, der Ungleichzeitigkeiten zwischen Gesellschaften, kulturellen Sphären oder Wissensformen berücksichtigt? Ist Fortschritt anders denkbar als in einem Verständnis von Zeitlichkeit als linearem Ablauf? Kann es ein Verständnis von gesellschaftlichem Fortschritts geben, das imstande ist, über den real existierenden Kapitalismus hinaus zu weisen, gleichzeitig aber weder die europäische Vorstellung von Modernität und Entwicklung gewaltsam universalisiert, noch sich zu einem Instrument von Herrschaft machen lässt? In mehreren Veranstaltungen möchten wir mit unseren Referent*innen und Gästen darüber diskutieren, was Fortschritt als emanzipatorisches Konzept heute noch, wieder oder neu bedeuten kann.

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mit:

Jeanette Ehrmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Politische Theorie und Ideengeschichte, Justus-Liebig-Universität Gießen

„A black man’s country in a white man’s world“
Die Haitianische Revolution als dekoloniale Emanzipation
Mittwoch, 12. Dezember 2018, 19:00 Uhr
basis e.v. ,Gutleutstraße 8-12, 60329 Frankfurt/Main
Kooperationspartner