Arbeitskreis Ästhetik - Ökologie, Natur - Kunst

Von Bernd Wagner u. Mathias Fechter

 

"Ästhetik - Ökologie, Natur - Kunst" - unter diesem Titel ist seit etwa zwei Jahren ein lockerer Arbeitszusammenhang aktiv, in dem KünstlerInnen, SozialwissenschaftlerInnen, Akteure aus der kultuerellen Praxis und der Kulturpolitik sowie PolitikerInnen der bundesdeutschen und österreichischen Grünen diskutieren, Kontakt halten und Informationen austauschen. Initiiert wurde dieser Diskussionszusammenhang durch die Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V..

Jenseits der sehr praxisorientierten Diskussionen zur Umwelt- und Kulturpolitik geht es vorrangig um den Zusammenhang von Naturverständnis und Naturzerstörung. Die Bedeutung von Ästhetik und Kunst für einen veränderten Umgang mit Natur ist dabei von besonderem Interesse.

Die längerfristigen Horizonte und Fragestellungen des Arbeitskreises werden in einem Papier wie folgt beschrieben:

"Auch in der Kunst selbst wird Natur zunehmend wieder Gegenstand künstlerischer Auseinandersetzungen. Die amerikanische land-art, nicht nur abseits der Museen und der großen Städte, sondern abseits nahezu jeglicher Zivilisation in menschenleeren Wüstengegenden, die Kunst in der Landschaft mit künstlerischen Exponanten in landwirtschaftlich genutzten Räumen oder in natürlichen Freiflächen, künstlerische Natur-Enviroments am Rande oder in Großstädten sind Beispiele dieser veränderten Bezugnahme von Kunst auf Natur. Die verstärkte künstlerische Arbeit mit natürlichen Materialien und ihre Einbindung in den Kunstprozeß oder der Formverzicht zugunsten der Natur, wo ohne künstlerische Gestaltung Naturformen zu Kunstprodukten werden, sind andere Beispiele von Naturkunst ebenso wie die Einbindung von Natur in die Stadtgestaltung in Form integrierter Kunst- und Landschaftsplanungen urbaner Räumen.

Die veränderte Bezugnahme von Kunst und Ästethik auf Natur in einem neuen Verständnis wirft eine Reihe von Fragen auf. Einige der zentralen Fragstellungen sind unseres Erachtens dabei:

Was ist im Zeitalter immer umfassenderer Naturzerstörung und einer technisch reproduzierbaren Natur heute noch Natur?

Warum empfinden Menschen Natur als schön und erhaben, und wie prägen diese Naturerfahrungen unser ästhetisches Empfinden?

In welchen Formen wird Natur heute in die Kunst eingebunden und welche Bedeutung hat sie in neueren ästhetischen Theorien?

Warum werden Ökologie und Ästhetik, Natur und und Kunst heute in einem neuen Verhältnis zusammengebracht und welche künstlerisch-ästhetische, ökologisch-sensibilisierende und politisch-praktische Konsequenzen können daraus folgen?"

Im Sinne dieser Fragestellungen fand ein erstes Werkstattgespräch 1996 in Frankfurt statt. Greifbares Ergebnis dieser Diskussionsrunde war die Idee einer Tagung, die ein Jahr später während der documenta x gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Fachbereich Stadt- und Landschaftsplanung der Gesamthochschule Kassel realisiert wurde. Unter dem Motto "Stadt und Ökologie, Kunst und Natur" wurden künstlerische Produktionen und Stadtplanungen in ihren Beziehungen zur Natur und natürlicher Mitwelt thematisiert. Durch unterschiedliche Themenrunden, die im gesellschaftlichen Naturverhältnis ihren gemeinsamen Bezugspunkt hatten, konnten interessante Beziehungen zwischen unterschiedlichen Blickwinkeln hergestellt werden. Vom theoretischen Ansatz der "Atmosphäre" als zentraler Kategorie einer ökologischen Naturästhetik, wie von Gernot Böhme vorgestellt, ließen sich interessante Verbindungen zu den Werkschauen der eingeladenen KünstlerInnen und den Darstellungen ökologisch-ästhetischer Architektur und Stadtplanung ziehen. Auch umgekehrt ließen sich von diesen Formen architektonischer und künstlerischer Praxis spannende Fragen an die theoretischen Ansätze stellen.

Fortgesetzt wird der Themenkomplex dieses Jahr mit einer theoretisch-praktischen Werkstatt. Mit dem Akzent auf "Ästhetische Bildung" werden "ästhetische Erkundungen zwischen Karte und Territorium" vorgenommen. Absicht dieses Treffens ist es, in einer besonderen Landschaft (kleiner See, Felsen, Wälder, Berge) mitten in der Natur ästhetische Elemente und Erfahrungen im wahrnehmenden und gestaltenden Umgang mit der Umgebung zu machen und diskursiv zu reflektieren. Begleitet wird dies durch Referate, Experten, Projekte, Berichte zum Thema Natur und Kunst, sowohl in historischen Dimensionen wie auch entsprechender aktueller Diskussionen. Das Werkstattgespräch findet vom 24. - 27. September 98 in Frauensee bei Reutte/Tirol statt. Das Veranstaltungsprogramm können Sie hier finden.

Die meisten Diskussionsergebnisse des Arbeitskreises sind mittlerweile dokumentiert. Ein Heft mit Beiträgen und Protokoll zum ersten Werkstattgespräch kann bei der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. bestellt werden. Weitere Informationen und Beiträge zum Thema sind auch auf der Homepage der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. zu finden. Eine Buchdokumentation der Tagung "Stadt und Ökologie, Kunst und Natur" wird zu Zeit vorbereitet und ist demnächst bei der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. erhältlich.