Podiumsdiskussion

 

Aufbruch zu Demokratie und Offenheit?

Zur Bedeutung von "68" heute

 




Dienstag, 13. März 2001, 20.00 Uhr
Ökohaus, Frankfurt am Main

 

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Thema

Das derzeit in Politik und Feuilletons neben BSE am meisten und am heftigsten diskutierte Thema ist die Auseinandersetzung um die sogenannten 68er und ihre Folgen.

Auffallend an dieser Debatte ist, dass die ernsthaft reflektierenden, um historische und begriffliche Klärung bemühten Stimmen im Wortgetöse "fanatischer Vergrundsätzlichung" begraben werden.

Dabei bestreitet kaum jemand ernsthaft, dass die Bundesrepublik seit 1968 liberaler, offener, demokratischer und gleichberechtigter geworden ist. Kontrovers debattiert wird allerdings, ob diese Entwicklung der bundesrepublikanischen Gesellschaft hin zu mehr Demokratie und Zivilgesellschaft der 68er Bewegung zu verdanken ist, oder ob sie trotz "68" stattgefunden hat.

Hat also die Protestbewegung von 1968, angestoßen und vorangetrieben von Minderheiten, einen soziokulturellen Wandel hervorgebracht und geht es in der aktuellen Debatte darum, eine weichenstellende Epoche dieses soziokulturellen Wandels zu denunzieren? Oder war die 68er Bewegung der böse Geist, der gegen seine Intentionen Gutes hervorgebracht hat? Wurde durch 68 eine im Freund-Feind-Denken und in obrigkeitsstaatlichen Verhaltensweisen erstarrte Gesellschaft umgepflügt und Zivilcourage hervorgebracht oder sind Zweifel daran angebracht, dass die 68er die Autoren jenes sozialkulturellen Umbruchs waren, der sich in den sechziger und siebziger Jahren auf breiter gesellschaftlicher Front abgespielt hat. Wird die Bedeutung der 68er nicht überschätzt? Und welche Bedeutung spielt heutzutage eigentlich noch "68" insbesondere für die Jüngeren? Wie beurteilen Angehörige von jüngeren Generationen eigentlich diese Debatte? Und gehören die zwischen 1940 und 1955 Geborenen zur letzten Generation, die über einen gemeinsam bezeugten historischen Erfahrungsraum verfügt? Warum spielt in dieser Auseinandersetzung der Aufbruch von Frauen kaum eine Rolle, obwohl sich doch gerade im Bereich der Geschlechterverhältnisse seit 1968 grundlegende Veränderungen vollzogen haben?

Die derzeit stattfindende Auseinandersetzung, die einige mit dem Begriff "Kulturkampf" bezeichnet haben, macht deutlich, dass es bei der Klärung der Frage, was 68 der Republik gebracht hat, nicht nur um die Interpretation der Vergangenheit geht, sondern auch um die Zukunft aufgeklärter Politik. Umso wichtiger ist, dass diese Debatte, gerade auch auf Seiten der Grünen, deren Entwicklung ohne 68 nicht denkbar ist, nicht nur innerhalb einer Generation stattfindet.

Die Diskussion wird deshalb mit PodiumsteilnehmerInnen aus verschiedenen Generationen geführt.

"Zum zwanzigsten Jahrestag der Achtundsechzigerrevolte beantwortete der Philosoph Jürgen Habermas die Frage, was uns "68" eigentlich gebracht hat, mit einem schönen Bonmot: 'Rita Süssmuth'. Mittlerweile ... müsste die Antwort lauten: 'Angela Merkel'. (...) In Angela Merkel erfüllt sich die Forderung von mindestens der Hälfte der Achtundesechzigerbewegung – die Frauen, remember? –, wonach Gleichberechtigung im vollen Wortsinne erst erreicht ist, wenn die Gesellschaft einen solchen Durchlässigkeitsgrad erreicht hat, dass jede Frau, selbst die Unfähige, bis ganz nach oben kommen kann. Das heißt: Wenn Frauen nach denselben Kriterien Karriere machen wie Männer."
Verena Kern in der taz vom 10. 02. 2001

"Nun, wie ist das zugegangen, dass die Bundesrepublik (...) liberaler, ziviler, demokratischer und westlicher geworden ist, dazu auch noch hedonistischer, während die Hauptvertreter der jugendlichen Protestbewegung, die das bewirkt haben sollen, in ihren Texten und Äußerungen doch weitgehend antiliberale, antizivile, antidemokratische und antiwestliche Positionen vertreten haben – und Rudi Dutschke, die Leitfigur, ein Puritaner reinsten Wassers war? Dies ist eine Paradoxie, die man nicht abschwächen darf."
Gerd Koenen in der Kommune 02/ 2001;
im April erscheint sein Buch "Das rote Jahrzehnt – Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967-1977"

  
    

Programm 

   

Podium mit:

Gerd Koenen, Historiker und Publizist, Ffm

Jutta Ebeling, OB-Kandidatin für Bündnis 90/Die Grünen, Ffm

Wolfgang Leuschner, Psychoanalytiker, Sigmund-Freud-Institut, Ffm

Tarek Al Wazir, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/ Die Grünen im Landtag

Verena Kern, taz.mag-Redakteurin, Berlin

Nenad Stefanov, Historiker und Publizist, Ffm


Moderation: Ulrike Holler, Hessischer Rundfunk (angefragt)

 

Veranstaltungsort

Tagungsstätte Ka Eins
Ökohaus
Kasseler Str. 1a
S 3, S 4, S 5, S 6 Haltestelle: FrankfurtWest/Westbahnhof

 

Veranstalter:

Hessische Gesellschaft für Demorkatie und Ökologie
in Kooperation mit der Zeitschrift Kommune

  

Information:

Hessische Gesellschaft für Demokratie und Ökologie (HGDÖ)
Landesstiftung der Heinrich-Böll-Stiftung
Niddastr. 64
60329 Frankfurt am Main
Tel.: 069/ 23 10 90
FAX: 069/23 94 78
Email: info@hgdoe.de