Frankfurter Gespräch

 

China - Auf dem Weg zur Supermacht?

8. Dezember 2005
Frankfurt am Main

  
  

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Thema

China ist in Bewegung und steht nicht nur im Westen im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Öffnung und Stabilität heißen die beiden neuen Richtlinien der chinesischen Staats- und Parteiführung, die dem Land so viel Aufmerksamkeit wie Erfolge bescheren. Große europäische, amerikanische und asiatische Unternehmen investieren im großen Stil und verlegen bedeutende Teile ihrer Produktionskapazitäten und Aktivitäten in das Reich der Mitte. Chinas Bedeutung in der Weltwirtschaft hat deshalb enorm zugenommen. Einige Zeitgenossen sehen in China die zukünftige "Fabrik der Welt" (Wolfgang Hirn), wofür es auch gute Gründe gibt: Viele Computer, jede zweite Kamera, jede dritte Klimaanlage und jedes vierte TV-Gerät stammen mittlerweile aus China. Allerdings gehören zwei Drittel dieser Ausfuhren ausländischen Unternehmen. Chinas Entwicklung erfolgt vorwiegend mit fremdem Kapital. Auch als Absatzmarkt wird China zunehmend interessant - beispielsweise im Hinblick auf die Tatsache, dass sich hier inzwischen der weltweit drittgrößte Markt für Automobile befindet. Angesichts über einer Milliarde Chinesen mit entsprechendem Nachholbedarf, bei gleichzeitiger allmählicher Entwicklung eines gewissen Einkommenniveaus, das sich als kaufkräftige Nachfrage auf dem Markt zur Geltung bringt, schießen die Erwartungen vieler Unternehmen, die sich viel vom chinesischen Markt versprechen, buchstäblich in den Himmel.

Auch auf dem internationalen Parkett ist die chinesische Diplomatie höchst aktiv. Mit Russland wurden die lange währenden Grenzstreitigkeiten durch Unterzeichnung eines Grenzabkommens am 2. Juni 2005 beigelegt. Und mit Indien wurde kurz zuvor, am 11. April, ein Protokoll unterzeichnet, in dem der Umgang mit den seit 1962 andauernden Grenzstreitigkeiten geregelt wird. Intensive Reisediplomatie in die Nachbarländer, verbunden mit vielen finanziellen Wohltaten, hat Chinas Ansehen und Einfluss steigen lassen. Nicht zuletzt die starke Präsenz der USA in der zentralasiatischen Region soll auf diese Weise - hier zieht man mit der Russländischen Föderation und den anderen Nachfolgedespotien der UdSSR in dieser Region an einem Strang - zurückgedrängt werden. In zahlreichen Erdölförderländern sichert sich China seinen ständig steigenden Bedarf durch politische Präsenz und durch Investitionen in Ölerschließungs- und -förderprojekte, an denen sich die staatliche chinesische Ölgesellschaft beteiligt oder beteiligen will. Gleichzeitig ist China in der WTO aktiv, engagiert sich in der UNO, vermittelt im Korea-Konflikt und beabsichtigt nunmehr auch eine führende Weltraumfahrtnation zu werden, mit allem, was dies für die Entwicklung von Wissenschaft und Hochtechnologie bedeutet. Allerdings sind andererseits die Beziehungen zu Japan so gespannt wie lange nicht mehr.

Die chinesischen Produktionsverhältnisse könnten sich gegenwärtig leicht in eine Fessel der Produktivkräfte verwandeln oder anders ausgedrückt: Die Entwicklung des Landes zu einer Weltmacht könnte an der politschen Diktatur in Gestalt der KP Chinas scheitern oder aber umgekehrt: die politischen Verhältnisse könnten sich ändern und die daraus zwangsläufig resultierende Instabilität die großen Entwicklungshoffnungen zum Scheitern bringen. Im Hinblick auf dieses mögliche Scheitern gibt es besonders im Sozialbereich schon die ersten Anzeichen: Das Gesundheitssystem ist wegen der hohen Kosten praktisch für arme, aber auch für gut verdienende Chinesen nicht zugänglich - die Redewendung "Zu Hause auf den Tod warten" ist schon Bestandteil allgemeine Redewendungen geworden; das Heer der nirgendwo versicherten, nirgendwo fest angestellten "Wanderarbeiter" steigt von Jahr zu Jahr auf mittlerweile geschätzte 200 Millionen Menschen; die Umweltprobleme haben zwar ein Umdenken in der politischen Führung bewirkt, sind aber über Jahrzehnte hinaus eine schwere Hypothek, die mit dem scheinbar grenzenlosen Wirtschaftsboom ständig größer wird. Über diese und andere Aspekte des "chinesischen Wunders" berichtet:



 

 
Referenten

Helmut Forster-Latsch
Sinologe, Übersetzer, Autor,
Frankfurt a. M.

im Gespräch mit:

Dr. Karl Grobe-Hagel
Redakteur, Frankfurter Rundschau

 

 

 

 

Termin:

Donnerstag, 08. Dezember 2005, 20.00 Uhr

 



Veranstaltungsort

Clubraum 1, Saalbau Bornheim, Arnsburger Straße 24, Frankfurt am Main
(U-Bahn Station "Höhenstraße", Linie U 4)