Diskussion und Filmvorführungen

 

 

Blicke richten

Zur Konstruktion und Dekonstruktion
"deutscher" Identität

 
 


Freitag, 16. Mai 2003
KOZ und Festsaal
Universität Frankfurt am Main
Mertonstraße 26-28

  
  

Thema | Programm | Filme | Referentinnen | Termin | Veranstaltungsort | Eintrittspreise | Informationen 

 

Thema

Diese Veranstaltung versucht, deutsche Identität einmal anders in den Blick zu nehmen, ausgehend von der Überzeugung, dass es sich bei allen Identitätsbegriffen um Konstruktionen handelt, die immer auch auf bestimmten Ausschlüssen beruhen. D.h. das, was "deutsch" ist, wird wesentlich durch das "Nicht-Deutsche" definiert. Solche Ausschlüsse werden durch den Bezug auf eine wie auch immer geartete Natur bzw. Natürlichkeit legitimiert und damit als (politische) Entscheidung unsichtbar gemacht. Oder sie geraten dadurch aus dem Blick, dass die auf Ausschlüssen beruhende Geschichte, die zu einer bestimmten Konstellation - wie der Grenzziehung einer Nation - geführt hat, umgedeutet und in den Dienst der Erschaffung einer nationalen Identität genommen wird.

Solche Legitimierungsstrategien sichtbar und damit zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung zu machen ist Ziel dieser Veranstaltung. In zwei sehr unterschiedlichen Film- bzw. Videoprojekten wird die Konstruktion deutscher Identität thematisiert und kritisch hinterfragt. Dabei unterscheiden sich die ausgewählten Arbeiten nicht nur visuell, sondern auch formal: Die Filmemacherin Hito Steyerl geht essayistisch vor und versucht, Kontinuitäten und Brüche rassistischer Verhältnisse am Beispiel von Berlin-Mitte aufzuzeigen. Kanak TV arbeitet mit Interviewtechniken und Fiktionalisierung, um das Monopol des befragenden Blickes der Mehrheitsgesellschaft in Frage zu stellen und umzukehren.

Kurzbeiträge der Filmemacherinnen, Kommentare zum jeweils anderen Filmprojekt und die Diskussion mit dem Publikum dienen dazu, gemeinsam Möglichkeiten und Unmöglichkeiten filmischer Widerstandsbewegungen gegen die Definitionsmacht des hegemonialen Diskurses in Deutschland auszuloten.

 


Programm

  18.30 - 24.00 Uhr Freitag, 16. Mai
 

18.00 Uhr 

 

 

 

 

 


 

FESTSAAL

Filmvorführung:

Kanak TV Vol.1 (35 min.)
Im Anschluß:
- Kurzbeitrag von Sun-Ju Choi
- Kommentar von Hito Steyerl zum Filmprojekt von Kanak Attak
- Diskussion

Im Anschluß:

- Kurzbeitrag von Sun-Ju Choi
- Kommentar von Hito Steyerl zum Filmprojekt von Kanak Attak
- Diskussion


  20.15 - 21.00 Uhr Pause
 

21.00 Uhr







Ca. 23 Uhr

FESTSAAL

Filmvorführung:
Die leere Mitte (62 min.)
Im Anschluß:
- Kurzbeitrag von Hito Steyerl
- Kommentar von Sun-Ju Choi zum Film von Hito Steyerl
- Diskussion

Ende des offiziellen Teils

 

 

 

 

 

bis 24 Uhr Barbetrieb im KOZ

Von 18.00 bis 24.00 ist der Barbetrieb im KOZ geöffnet. Dort können Getränke und Snacks käuflich erworben werden.

Filme:

Kanak TV Vol. 1
BRD 1999, Video, 35 min, drei Dokumentarkurzfilme. Ein Projekt von Kanak Attak Köln.

Kanak TV agiert dort, wo rassistische Hierarchien zur Norm erklärt werden. Das Projekt weist jeden Versuch entschieden zurück, MigrantInnen anzu-glotzen, zu vermessen und in Kategorien zu pressen. Statt dessen wird der Blick auf "Allemannen" gerichtet. "Volldeutsche" oder auch "Biodeutsche" sind diesmal diejenigen, die in Erklärungsnot ge- raten. In "40 Jahre Einwanderung - Where do you come from?" oder auch in "Weißes Ghetto" werden Blick- und Fragerichtung umgekehrt. Der letzte Kurzfilm erzählt "Das Märchen von der Integration". Weitere Infos zum Filmprojekt und zu Kanak Attak unter: www.kanak-attak.de

Die leere Mitte
BRD 1998, Video, 62 min, Dokumentarfilm. Buch / Regie / Schnitt: Hito Steyerl, Kamera: Meike Birck, Boris Schafgans, Hito Steyerl

Der Film beobachtet über einen Zeitraum von acht Jahren die architektonischen und politischen Veränderungen am Potsdamer Platz in Berlin. Zwischen den Grenzen des Kalten Krieges entsteht zwischen 1990 und 1998 allmählich ein Hauptquartier internationaler Konzerne. Jahrzehntelang liegt der Platz brach: als leere Mitte Berlins. Jetzt kehrt die Mitte zurück: Nach der Deutschen Einheit siedelt sich das Zentrum politischer Gewalt wieder in Berlins Mitte an.
Zur selben Zeit werden Menschen an den Rand der Stadt gedrängt. An den urbanen Umbrüchen zeigen sich die Spuren globaler Umstrukturierungen, aber auch das Fortwähren sozialer und politischer Grenz- ziehungen. Die Geschichte des Platzes macht deutlich, dass es immer auch der Ausgrenzung, besonders gegen Zuwanderer und Minderheiten bedurft hat, um ein mächtiges Zentrum der Nation zu errichten. Der Film bemüht sich im Gegenzug darum, denen eine Stimme und eine Geschichte zu geben, die nach wie vor von dieser Mitte ausgeschlossen bleiben.

 
Referentinnen:

Sun-Ju Choi
lebt und arbeitet in Köln und ist seit 2000 Mitglied bei Kanak Attak, wo sie u.a. das Projekt Kanak TV mitgestaltet hat. Sie hat Englische und Romanische Philologie und Ja-panologie studiert. Zur Zeit ist sie Dreh-buchlektorin für Kino- und Fernsehfilme beim WDR. Sun-Ju Choi wird unter dem Titel "Kanak TV: Migrantische Selbstermächti-gung oder Warum Kanak TV politisch ist" das Filmprojekt von Kanak Attak Köln vorstellen. Außerdem kommentiert sie den Filmbeitrag von Hito Steyerl.

Hito Steyerl
lebt und arbeitet als Filmemacherin, freie Journalistin und Autorin in Berlin. Ihre thematischen Schwerpunkte liegen im Be- reich essayistischer Dokumentarfilm, postko- loniale Kritik und feministische Repräsenta- tionskritik. Mit ihren Dokumentarfilmen war sie auf zahlreichen internationalen Filmfesti- vals und bei thematischen Kunstausstellungen vertreten, u.a. zu den Themen Migration, Interkulturalismus und Globalisierung. Hito Steyerl wendet sich in ihrem Kurzbeitrag "Filmsprache und Norm" ausgehend von einer Analogie zwischen sozialem Raum und filmischen Apparat der Frage zu, wie Körper, Identitäten und Personen konstruiert werden. Außerdem kommentiert sie das Filmprojekt von Kanak Attak.

Ulle Jäger
lebt und arbeitet in Frankfurt am Main und in Basel. Sie hat Gesellschaftswissenschaften studiert und eine Promotion in Soziologie verfasst und ist derzeit Assistentin am Zentrum Gender Studies der Universität Basel. Seit 1999 ist die Mitglied der HGDÖ. Ulle Jäger ist verantwortlich für Konzept, Programm und Moderation dieser Veranstaltung.



Termin:

Freitag, 16. Mai 2003
18.30 - 23.00 Uhr


Veranstaltungsort:

KOZ und Festsaal, Universität Frankfurt am Main
Mertonstraße 26-28 (Campus Bockenheim)
U-Bahnhaltestelle Bockenheimer Warte
(Linie U6/U7 und U4)

 

Eintrittspreis:

Der Eintritt für die Veranstaltung inkl. Vorführung beider Filme beträgt 5 Euro.

 

Information:

HGDÖ, Hessische Landesstiftung
der Heinrich Böll Stiftung e.V.
Niddastraße 64, 60329 Frankfurt am Main
Tel: 069 / 23 10 90, Fax: 069 / 23 94 78
Email: info@hgdoe.de