Jahresschwerpunkt "Was heißt Gerechtigkeit heute?" - Podiumsdiskussion
Mehr Gerechtigkeit durch das Antidiskriminierungsgesetz?
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11.07.2005 |
Thema | Teilnehmende | Termin | Veranstaltungsort | Veranstalter
Beim Antidiskriminierungsgesetz ist der Name Programm. Mit Hilfe eines umfassenden
Gesetzes sollen Diskriminierungen in zivilrechtlichen Verträgen aus Gründen,
die in der "Rasse", der ethnischen Herkunft, der Geschlechtszugehörigkeit,
der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, im Alter oder der sexuellen
Identität begründet liegen, bekämpft werden. Grundlage dieses
Gesetzes bilden verschiedene EU-Richtlinien, über deren Rahmen der vorliegende
Gesetzentwurf, der mittlerweile in einer zweiten, überarbeiteten Fassung
vorliegt, allerdings hinausgeht.
Besteht in der allgemeinen Zielsetzung, der Beseitigung von Diskriminierung
und Benachteiligung verschiedener Gruppen, weitgehend Konsens, so kann, je konkreter
die Materie wird, im Detail davon nicht mehr die Rede sein.
Verschiedene Interessengruppen machen dabei unterschiedliche Einwände geltend.
Die Vertragsfreiheit würde mit diesem Gesetz praktisch abgeschafft, heißt
es von seiten der Opposition im Deutschen Bundestag. Den Versicherungen geht
der Entwurf zu weit, denn sie wollen die Risiken auch weiterhin - je nach Versicherungsnehmer/in
- mit unterschiedlich hohen Risikoprämien versichern. Und nicht nur die
Versicherungswirtschaft, auch andere Verbände, sehen die Gefahr einer Prozessflut
am Horizont auftauchen: Haus- und Grundstückseigentümer, Arbeitgeber,
Wohnungsbaugesellschaften. Der Gesetzentwurf sei ein "Eldorado für
Rechtsanwälte", wie sich Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vernehmen
ließ. Insgesamt führe das Gesetz nicht zu weniger, sondern zu mehr
Diskriminerungen, weil die unkalkulierbaren rechtlichen Risiken einfach nicht
mehr eingegangen würden.
Aber auch Organisationen, die einem Antidiskriminierungsgesetz grundsätzlich
positiv aufgeschlossen sind, machen auf zahlreiche Mängel aufmerksam. Das
bezieht sich zum einen auf zu viele Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot und
zum anderen auf die Verwendung von zu wenig präzisierten Rechtsbegriffen.
Insbesondere durch den letzten Umstand sei vorprogrammiert, dass die reale Umsetzung
des Antidiskriminerungsgesetzes bei den deutschen Gerichten liegen werde, die
sich schon in der Vergangenheit im allgemeinen als nicht sehr sensibel in diesen
Fragen gezeigt hätten. Außerdem gebe der Gesetzentwurf keinerlei
positive Maßnahmen - wie in den USA - an die Hand, um Benachteiligungen
ausgleichen zu können (Antidiskriminierungsstelle, Verbandsbeteiligung
u. ä.). Insofern sei es zweifelhaft, dass das Antidiskriminierungsgesetz
seine Zielsetzung erfüllen könne und tatsächlich zu einem verbesserten
Schutz der Menschenwürde und zu mehr Gerechtigkeit führe.
In dieser Diskussionsveranstaltung sollen die aufgeworfenenen Fragen kontrovers
zwischen Befürworter/inne/n und Kritiker/inne/n eines Antidiskriminerungsgesetzes
diskutiert und ausgelotet werden, ob Zielsetzungen und Mitteleinsatz in einem
optimalen Verhältnis zueinander stehen.
Petra Follmar-Otto
Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin
Andreas Jürgens
MdL, Bündnis 90/Die Grünen, Wiesbaden
Ulrich Fischer
Rechtsanwalt, Deutscher Anwaltverein, Frankfurt a. M.
Joachim Wieland
Professor für Rechtswissenschaft, Johann Wolfgang Goethe-Universität
Frankfurt a. M.
Moderation:
Ulrike Holler
Hessischer Rundfunk, Frankfurt a. M.
Mittwoch, 11. Juli 2005, 20.00 Uhr
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Campus
Bockenheim, Hörsaal A, Mertonstr. 17-21, Frankfurt a. M.
Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e. V.
in Kooperation mit: Prof. Dr. Joachim Wieland,
FB Rechtswissenschaft,
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M.