Fachtagung

 

Biografische Prozesse
und kollektive Identitäten

Zur Frage von ethnischen, religiösen, regionalen, nationalen und transnationalen Identitäten im Zuge des europäischen Einigungsprozesses, des Systemwechsels in Mittel- und Osteuropa und der globalen Migration

 
 
22.04. - 24.04.2004
Frankfurt am Main

  
  

Thema | Programm | Veranstaltungsort | Information

Thema

Die Tagung in Frankfurt/Main bietet Raum für die Präsentation und Diskussion von Fragestellungen, in denen es um die Beziehung zwischen individuellen Biographien und kollektiven - regionalen, ethnischen, religiösen, nationalen und transnationalen - Identitäten und um die lebensgeschichtliche und geschlechtsspezifische Relevanz der Orientierung an traditionellen und neuartigen "imagined communities" (Anderson) insbesondere im neuen Europa geht. Das Thema ist bewusst breit angelegt, um auszuloten, welchen Beitrag die sozialwissenschaftliche Biographieforschung zur Analyse komplexer und widersprüchlicher biographischer und sozialer Prozesse im Zuge des europäischen Einigungsprozesses, des Systemwechsels in Mittel- und Osteuropa, der Veränderungen im Verhältnis von Zentren und Peripherien und der globalen Migration leisten kann. Was sind die biographischen Konsequenzen des Verlusts kollektiver Identitäten? Und was bedeuten die Emergenz neuartiger und die Wiederentdeckung und Bekräftigung vormals oder aktuell abgewerteter kollektiver Identitäten für die Lebensgeschichte und Lebensführung von Gesellschaftsmitgliedern und die Grenzziehungen zwischen "uns" und "den anderen"? Verlaufskurven der Entwurzelung und Marginalisierung stehen Prozesse des Lernens und der Kreativitätsentfaltung in "hybriden", bi- und multikulturellen Lebenssituationen gegenüber.

Die Beiträge beziehen sich auf Entwicklungen sowohl in der deutschen als auch in anderen Gesellschaften. VertreterInnen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen - z.B. SoziologInnen, SoziolinguistInnen, die sich mit neuen sprachlichen Phänomenen und kommunikativen Problemlösungen in Migrationsgesellschaften beschäftigen, ErziehungswissenschaftlerInnen, EthnologInnen und KulturanthropologInnen - sowie PraktikerInnen in allen Bereichen von Politik, Beratung, Therapie und Erziehung sind ausdrücklich zur Teilnahme eingeladen.

An der Tagung werden zahlreiche ausländische ReferentInnen aus Russland und Osteuropa teilnehmen, wie zum Beispiel Victoria Semenova und Elena Meshcherkina, darüber hinaus auch ReferentInnen aus Krisenregionen innerhalb und außerhalb Europas, etwa aus Irland, Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten. Unter ihnen sind Dan Bar On aus Beer Sheva und Sami Adwan aus Bethlehem besonders zu nennen, die gemeinsam bis heute am Aufbau des PRIME arbeiten (Peace Research Institute in the Middle East); ihnen wurde im Juli 2002 in Bozen der Alexander Langer Preis zuerkannt.



 

 

 
Programm

    Donnerstag, 22.04.
     
  Ab 14.00 Uhr

Anmeldung und Empfang der Tagungsunterlagen

 
  14.30

Begrüßung und Einführung

 
  15.15

Die rätselhafte Ethnizität

Einleitungsvortrag Ursula Apitzsch

 
  16.00-16.30

Kaffeepause

 
16.30-18.00

2 Arbeitsgruppen (parallel)

a) Forschungswerkstatt unter Leitung von Kaja Kazmierska, Agniezka Adamiak und Mikoja Gurdala (auf englisch): die gemeinsame Beschäftigung mit einem autobiographisch-narrativen Interview mit einer in Polen lebenden Litauerin

b) Generation, Gender and Biography. Victoria V. Semenova: "People of my generation": The meanings of a generation´s collective identity in modern Russia;
Elena Mechtcherkina: Biographies of men and women: interdisciplinary comparative research

 
18.00

Strukturale Marginalität und persönliche Kontinuität

Festvortrag Fritz Schütze

 
  Ab 20.00

Gemeinsames Büffet

 
  Freitag, 23.04.
 
9.15-11.30

3 Arbeitsgruppen (parallel)

 

Migration, Gender und Identitätsprozesse Jugendlicher

Anja Löwe: ´Heute bin ich keine Frau mehr, heute bin ich Mensch` - Biographische Entscheidungsprozesse junger alevitischer Migrantinnen
Arnd-Michael Nohl: Biographische Bildungsprozesse und die Entstehung neuer Milieus bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund
Cengiz Deniz: Türkisch-deutsche Sprachcodes und deren Integration in die deutsche Alltagssprache

 

Symbolische Ethnizität, Selbständigkeit und Migration

Anne Juhasz: Selbständigkeitsprozesse von Migranten in der Schweiz Markus Ottersbach: Karrieren von UnternehmerInnen mit Migrationshintergrund zwischen sozioökonomischer Assimilation und Ethnisierung bzw. Selbst-Ethnisierung
Julia Bernstein: Identitätskonstruktion und Essenspraktiken: Jüdische Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion

 

Ethnische und religiöse Zugehörigkeit

Noga Gilad: Biographies in view of space and the transformation of collective images: Settling and un-settling the West Bank
Rosina-Martha Csöff
: Zwischen Gruppenidentifikation und Selbstbestimmung. Zur Konstruktion und Kommunikation von (a-)religiöser Identität in Devonversionsgeschichten
Sabrina Böhmer: (Re-) Institutionalisierung am Beispiel konfessioneller Sozialisation

 

   
 

Kaffeepause

   
12.30-13.30

Neue Selbstständigkeit und transnationale Migration

Roundtablediskussion

   
13.00-15.00

Mittagspause

   
15.00-17.15

2 Arbeitsgruppen (parallel)

Transformationsprozesse in Ostdeutschland

Katrin Häßner: Biographische Bewältigung und Lernen im ostdeutschen Transformationsprozess
Boris Traue: Die Ambivalenz kollektiver Identität und Formen biographischer Kreativität in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft
René John: Individuelles Erlebnis und kollektive Bewältigung. Empirische Analysen zur Oderflut 1997 Burkhard Schäffer: Generation, neue Medien und Biographie


Region und Biographie

Iris Clemens: If you are not educated, society will consider you as an animal - Evolutive Konzeptionen zu Erziehung und soziale Exklusionsmechanismen im Kontext Indien
Andrea Neugebauer: Integrativer Charakter kollektiver Identität und der kritische Blick der Außenseiter
Thomas Loer: Die mögliche Emergenz eines neuen Typus von Vergemeinschaftung wie von Vergesellschaftung qua Transformation einer regionalen Einflussstruktur. Überlegungen zum Zusammenhang von Region und Biographie

   
17.45-18.45

Zur Entstehung eines Geschichtsbuchs mit zwei nationalen Narrativen

Gemeinsamer Vortrag von Dan Bar On (Beer Sheva) und Sami Adwan (Bethlehem)

   
  Samstag, 24.04.
   
9.00-12.00

Migration und Marginalität

Katerina Janku: Collective identities and migration experience within Czech Romany families
Kaja Kazmierska: Searching for Roots - Biography and Identity Context
Katarzyna Szafranska: Coping with marginality. The processes of revealing, rejecting and rediscovering Jewish identity in the life cycle of the marginal man
Agniezka Adamiak und Mikolaj Gurdala: Biographical work on Collective Identity. The Case of Lithuanians in Poland


Ost-west-europäische Migrationsprozesse

Martina Goblirsch: Intergenerationale Konstruktion von Narrationen am Beispiel von Migrantinnen aus Rumänien Fridrik Hallsson: Zusammenbruch der selbstverständlichen lebensweltlichen Ordnung im Leben der Serbinnen Mira und Vuka und der Bosnierin Alma: Identitätsarbeit und Sinnproduktion während des Balkankrieges und danach
Roswitha Breckner: Ambivalente Wir-Bezüge in ost-west-europäischen Migrationsbiographien. Zur Verquickung biographischer und gesellschaftshistorischer Prozesse
Birgit Griese und Martina Schiebel: Intergenerationale Tradierung beruflicher und kollektiver (familien-)biografischer Identität(en). Das soziale Erbe in zwei Generationen Banaterschwaben / Vertriebene
Irmhild Saake: Biographien der Migration. Ein inklusionstheoretischer Ansatz


Transnationale Identitäten

Angela Franz-Balsen: Die Chemisierung der Umwelt als systemübergreifender Auslöser kollektiver Identität - berufsbiographische und berufsständische Konsequenzen
Michael Corsten und Michael Kauppert: Kollektive Identität als Sinn für das Wir: Das Beispiel des Bürgerschaftlichen Engagements
Silke Roth: Transnationale Identitäten, Biografien und Karrieren von Entwicklungs- und KatastophenhelferInnen Florian Kreutzer: Individualisten ohne Kollektiv? Zur Identität von international mobilen Arbeitskräften und ihren Partnerinnen


   
 

Kaffeepause

   
12.30

Biographie und Mentalität. Kollektive Spuren individueller Erfahrung

Peter Alheit

   
13.30-15.00

Mittagspause

   
15.00-17.30

Zwei Forschungswerkstätten:

Bettina Dausien und Paul Mecheril: Zur empirischen Rekonstruktion kollektiver Identität(en)/ Zugehörigkeit(en)

Sylke Bartmann, Ursula Blömer und Detlef Garz: Emigration aus dem nationalsozialistischen Deutschland: Ausgrenzungserfahrungen und Bewältigungsversuche

   
18.00

Nation und Generation

Vortrag Ulrich Oevermann

   
19.00 Abschluss der Tagung

 

 
Veranstaltungort:

Eisenhower-Saal, Westend-Campus (IG Farben-Haus)
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main



Information:


Termin:
Donnerstag, 22. April bis Samstag, 24. April 2004

Tagungsbeitrag und Anmeldung:
TN-Beitrag: 35,00 Euro (inkl. Getränke und Buffet am 22. 04.),
30,00 Euro für diejenigen, die nicht am Buffet teilnehmen.

Anmeldung bis 31. März: inowlocki@soz.uni-frankfurt.de

Weitere Infos: inowlocki@soz.uni-frankfurt.de

VeranstalterInnen: Ursula Apitzsch, Lena Inowlocki, Gerhard Riemann in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. (ehemals HGDÖ), dem Schwerpunkt "Kultur und Entwicklung" am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und dem Cornelia Goethe Centrum an der Uni Ffm, der Sektion Biographieforschung in der Dt. Gesellschaft f. Soziologie und dem Research Committee "Biography & Society" der International Sociological Association