Frankfurter Gespräch
Putins Russland - Zwischen "Reich des Bösen"
und "lupenreiner Demokratie"
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03.05.2005 |
Thema | Referent | Termin | Veranstaltungsort | Information
Als Vladimir Putin im Jahre 2000 Präsident Russlands wurde gingen viele
Beobachter davon aus, dass nun die chaotischen, von Kriminalität, Korruption
und massenhafter Verarmung gekennzeichneten Jahre der Jelzin-Ära an ihr
Ende gekommen seien. Viele Menschen dürsteten nach einer Atempause im Transformationsprozess.
Insofern konnte Putin von Beginn an mit einer großen Unterstützung
sein Amt versehen, versprach er doch, mehr Ordnung, Sicherheit und Wohlstand
für die Bürger erreichen zu wollen. Da er ein starker Befürworter
des zweiten Tschetschenien-Krieges war, dem er seine breite Unterstützung
in der Bevölkerung und seine Wahl zum Präsidenten im April 2000 verdankte,
galt er auch als durchsetzungsstark genug, um die anarchischen Verhältnisse
der 90er Jahre beenden zu können.
Mit dem KGB-Mann Putin kamen auch seine früheren Freunde aus den "Diensten"
wieder zu Ruhm, Ehre und einkommens- und einflussreichen Ämtern. Russland
bewegt sich, zumindest was Demokratie, Freiheits- und Menschenrechte betrifft,
wieder zurück in Richtung Sowjetunion. Nicht genehme Unternehmen werden
so lange behindert und verfolgt, bis entweder Ruin oder Verhaftung bzw. die
Emigration erreicht wurden (vgl. z. B. die Fälle Berezovskij, Gussev, Chodorkovskij).
Kritiker, insbes. des Militärs und des Geheimdienstes, werden (mund-)tot
gemacht oder kriminalisiert und in's Gefängnis gesperrt. Alle anderen,
denen mindestens die gleichen Vergehen vorgeworfen werden könnten, gehen
ungehindert ihren Geschäften nach.
Wirtschaftlich gesehen geht es der russischen Ökonomie aufgrund der hohen
Öl- und Gaspreise momentan zwar nicht schlecht, aber das Land lebt praktisch
von Rohstoffexporten, die Modernisierung der Wirtschaft ist nicht entscheidend
vorangekommen. Die aktuellen Proteste gegen die Aufhebung der Privilegien für
Rentner und andere Gruppen zeigen zum einen, dass die Armut großer Bevölkerungsteile
nicht zurückgedrängt werden konnte (es geht hier um nur wenige Euro)
und dass der Stern Putins möglicherweise zu sinken beginnt.
In der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit ist bislang eher von einer
Bewusstseinsspaltung, denn von einer realistischen Bestandsaufnahme zu sprechen.
Entweder stehen Putin und Russland für die Methoden der "asiatischen
Despotie" und ihrer Menschenverachtung (siehe Tschetschenien, Beslan, Nord-Ost-Theater
usw.) oder aber wir haben es mit einem "lupenreinen Demokraten" (Gerhard
Schröder) zu tun, der nur das Beste für Volk und Vaterland zu tun
bestrebt ist. Alles, was hierbei nicht ins Bild passt wird dann folgerichtig
ignoriert und beschwiegen.
Tatsächlich ist Russland - wie jedes andere Land auch - nicht mit einem
einfachen Schwarz-Weiß-Schema zu fassen, sondern nur in entsprechenden
Grauabstufungen. Wir wollen in diesem Frankfurter Gespräch hierzu einen
Beitrag leisten, nach Stärken und Schwächen des "Putinismus'"
fragen und mögliche Perspektiven diskutieren.
Dr. Markus Wehner
Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und langjähriger
Russland-Korrespondent der FAZ, Berlin
Dienstag, 03. Mai 2005, 19.00 Uhr
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