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Das „Partisanen Kino“ aus Kasachstan

06.05.2022 – 07.05.2022, Frankfurt/Main

Vor 30 Jahren, am 26. Dezember 1991, wurde die Sowjetunion in 15 unabhängige Staaten aufgelöst, darunter die 5 Länder Zentralasiens. Dies nimmt das Filmkollektiv zum Anlass, um auf die Entwicklungen im kasachischen Kino zu blicken und stellt eine wenig bekannte Underground Bewegung ins Zentrum einer Filmreihe.

2014 veröffentlichte eine Gruppe kasachischer Filmemacher ein Manifest mit dem Titel „Partisanen Kino“, erschienen auf der Seite des Verlags für alternative russischsprachige Literatur „Likbez“. Der Initiator der Bewegung Adilkhan Yerzhanov ist heute kein Unbekannter mehr. Sein jüngster Film eröffnete das letzte GoEast Filmfestival und war auch Kasachstans Einreichung für den diesjährigen Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

Zu den sieben Unterzeichnern des Manifests zählten Filmemacher ebenso wie Produzenten und Filmeditoren mit unterschiedlich viel Erfahrung. In expliziter Anlehnung an die British New Wave der 1950er und 1960er Jahre, fordern die Filmemacher nach inhaltlichen wie ästhetischen neuen Wegen im kasachischen Film: „Wir haben die bourgeoisen Melodramen satt, welche das Antlitz des Fests während der Pest tragen. Wir wollen einfache Filme – ehrlich, mutig, ohne Angst unangemessen und unmodisch zu erscheinen.“

Ihr Vorwurf richtete sich gegen die staatlichen kasachische Filmproduktionsgesellschaft Kazakhfilm, die den Großteil der kasachischen Filme unterstützt und deren Förderung – so die Unterzeichner – zu einer thematischen Stagnation des kasachischen Films und seiner Entfernung von den für ihr Publikum relevanten Themen und der tatsächlichen sozialen Realität führe. Die Filmemacher schlugen deshalb eine völlige Ablehnung der Filmförderung vor und formulierten drei Grundregeln für ihre zukünftigen Filme: 1. Kein Budget, 2. Sozialer Realismus, 3. Neue Formen.

Nach der Erscheinung des Manifests entstehen fünf Filme, die sich selbst explizit der Bewegung zurechnen. Die zumeist wortkargen Produktionen orientieren sich stilistisch am europäischen Autoren– und Genrekino und versuchen, aus den geringen Mitteln eine ästhetische Innovation zu machen. Thematisch behandeln die Filme vornehmlich Themen wie Korruption, Bestechung und Entfremdung.

Fr 06. Mai im Filmforum Höchst

18:00 Svidetel’ Dela No 6 (Witness of Case No 6) D.: Serik Abishev, Kasachstan 2016, 58′, DCP, russ. OmeU


20:00 Shlagbaum (Toll bar) D.: Zhassulan Poshanov, Kasachstan 2015, 59′, DCP, russ. OmeU


Mit Videoeinführung in den jüngeren kasachischen Film durch Filmwissenschaftlerin und Filmkritikerin Dr. Gulnara Abikeyeva

Den Auftakt des Programms bilden zwei mittellange Sozialdramen – der erste und der dritte Film der Partisanen: Toll Bar (Kasachstan 2015, 59′ 2015) von Zhassulan Poshanov, öffnet den symbolischen Schlagbaum und lässt die Schicksale von zwei jungen Männern aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten kreuzen. Svidetel’ Dela No 6 (Witness of Case No 6, 58′) vom Serik Abishev befasst sich mit Straffreiheit. Der Sohn eines reichen Geschäftsmannes verursacht darin betrunken einen Unfall, bei dem drei Menschen ums Leben kommen, und versucht sich das Schweigen der Zeugen zu erkaufen.

Sa 7.0 Mai im Filmforum Höchst

12:30 Griaz Bolshogo Goroda (City Filth) D.: Nariman Turebaev, Kasachstan 2017, 92′, DCP, russ. OmeU


14:30 The Elevator D.: Nurtas Adambayev, Kasachstan, 2018, 93′, DCP, russ. OmeU


Angesichts der alltäglichen Ungerechtigkeit und Unverlässlichkeit des Gesetzes greift der Protagonist von Griaz bolshogo goroda (City Filth, 2017, 92‘) von Nariman Turebayev zur Selbstjustiz, nachdem seine Frau vom Sohn des Ministers überfahren wird. Die geringe Finanzierung und damit einhergehende schwierigen Lichtbedingungen nutzt der Filmemacher, um „film noireske“ Stimmung zu kreieren. Turebaev gehört nicht zur Unterzeichner-Gruppe des Manifestes, schließt sich jedoch mit seinem Film der Bewegung an.

Gleiches gilt für den letzten sich der Bewegung zurechnenden Film The Elevator (Kasachstan 2018) von Nurtas Adambayev. Ein älterer Wachmann und ein junger Geschäftsmann stecken drei Tage lang in einem Aufzug gefangen und versuchen die sich gegenseitig die Richtigkeit ihrer jeweiligen Lebensprinzipien zu beweisen.

16:30 The Story of Kazakh Cinema – Underground of Kazakhfilm D.: Adilkhan Yerzhanov, Kasachstan 2015, 53′, DCP, russ. OmeU


Ergänzt wird das Programm von Adilkhan Yerzhanovs eigenwilligen Mockumentary The Story of Kazakh Cinema – Underground of Kazakhfilm (Kasachstan 2015, 53′). Der Film entstand für die Filmreihe „The Power of Asian Cinema” im Auftrag des Busan Film Festival. Diese beauftragten junge Talente aus Kasachstan, Südkorea, Indien, China, Japan und Singapur, die Filmgeschichte ihres Landes im Film zu erzählen. In seinem Beitrag zeigt Yerzhanov sich selbst eingesperrt in den Gängen der Kazakhfilm. Beim Versuch die Filmstudios zu verlassen, trifft er lokale Filmschaffende und tauscht mit Ihnen Gedanken zum kasachischen Film aus.

18:00 Chuma V Aule Karatas (The Plague at the Karatas Village) D.: Adilkhan Yerzhanov, Kasachstan 2016, 80’, DCP, russ. OmeU

Korruption und Korrumpierbarkeit bilden das analytische Zentrum von Adilkhan Yerzhanov CHUMA V AULE KARATAS (The Plague at the Karatas Village, 2016, 86’), welches formal avantgardistische Stillmittel mit denjenigen des Horrorfilms vermischt. Der neue Bürgermeister kommt in ein abgelegenes Dorf, in dem die Einwohner an der Pest sterben, während die Machthaber das Geld für Impfstoffe in die eigene Tasche stecken. Die Filmreihe wurde von Svetlana Svyatskaya kuratiert und entsteht mit Unterstützung der Association of Development and Promotion of Kazakhstan Films.

Weitere Informationen

Das „Partisanen Kino“ aus Kasachstan
Filmreihe
Freitag, 06. Mai 2022, 18:00 Uhr
Filmforum Höchst, Emmerich-Josef-Straße 46a, Frankfurt am Main
Kooperationspartner
Filmkollektiv Frankfurt