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Femi(ni)zide: Gewalt im Geschlechterverhältnis als Leerstelle im deutschen Rechtsdiskurs

11.01.2023, Digital

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Theorizing Gender(ed) Violence. Zur Aktualität geschlechtsbezogener Gewalt

Gewalt gegen Frauen, Mädchen und dissidente Körper wurde in den letzten Jahren zu einem zentralen politischen Thema feministischer Bewegungen rund um den Globus. Unter dem Hashtag MeToo und dem Slogan ‚Ni una menos‘ prangerten Zigtausende den Fortbestand geschlechtsbezogener Gewalt an. Vor allem feministische Bewegungen in den Amerikas haben die Frage der Gewalt angesichts drastischer Zahlen von sexuell-sexualisierter Gewalt und Morden an Frauen und trans*Personen in den Mittelpunkt ihrer Mobilisierungen gestellt und auch begrifflich neu zu bearbeiten versucht.

Diese Proteste und ihre gesellschaftliche Resonanz verdeutlichen die Bedeutung eines Themas, das in den Anfängen der Frauen- und Geschlechterforschung im Zentrum der wissenschaftlichen Debatten stand, in den letzten Dekaden jedoch in ebendiesen in den Hintergrund gerückt ist. Zahlreiche Autor*innen und Forscher*innen haben sich in den 1960er bis 1980er Jahren mit der strukturellen Bedeutung und Funktion von geschlechtsbezogener Gewalt auseinandergesetzt. Einige Vorträge sind auch in der Woche nach dem angekündigten Vortragsdatum auf der CGC Webseite und dem CGC YouTube-Kanal verfügbar.

Der Eintritt ist frei!

Hier geht es zum Download des Programmheftes.

Femi(ni)zide: Gewalt im Geschlechterverhältnis als Leerstelle im deutschen Rechtsdiskurs

Femi(ni)zide sind nicht nur umstritten in öffentlichen Debatten, sie sind auch kein aner-kannter Begriff des deutschen Rechtsdiskurses. Rechtswissenschaft wie Rechtspraxiskönnen wenig mit der Erläuterung anfangen, dass es um Fälle geht, in denen „Frauengetötet werden, weil sie Frauen sind“. Dies mag daran liegen, dass sie wenig an Wissensbestände und Bewertungspraktiken zur rechtlichen Unterbindung, Verfolgung und Prävention von geschlechtsbezogener Gewalt anknüpfen können. Das Sexualstrafrecht, seineReformen und (Nicht-)Anwendungen bieten viel Anschauungsmaterial für die Problemedes deutschen Rechtsdiskurses, Gewalt im Geschlechterverhältnis überhaupt zu erkennen und rechtlich zu erfassen. Änderungen schienen erst möglich, als sexualisierte Gewalt„nach Köln“ orientalisiert und als Problem „der Fremden“ beschrieben werden konnte.

Auch im Bereich der Tötungsdelikte sprach der Rechtsdiskurs lange Zeit nur in Bezugauf sog. „Ehrenmorde“ von „patriarchalem Besitzdenken“, welches als niedriger Beweg-grund zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe führen konnte. Tötete ein weißer deutscherMann seine Partnerin, weil sie ihn verlassen hatte oder verlassen wollte, wurden dage-gen strafmildernd nachvollziehbare Gründe hierfür gefunden und ihm Gefühle von Aus-weglosigkeit und Verzweiflung attestiert. Ein gehaltvoller Begriff der Femi(ni)zide weiststrukturellen Rassismus zurück, der geschlechtsbezogene Gewalt nur bei „den Anderen“verortet, und ermöglicht notwendigen Wissenstransfer wie rechtliche Erfassung von(tödlicher) Gewalt im Geschlechterverhältnis.

Vorlesung mit:

Ulrike Lembke Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin

Femi(ni)zide: Gewalt im Geschlechterverhältnis als Leerstelle im deutschen Rechtsdiskurs
Vorlesung
Mittwoch, 11. Januar 2023, 18:00 Uhr
Digital
Kooperationspartner
Cornelia Goethe Centrum, GRADE Center Gender, Gleichstellungsbüro, Gleichstellungsrat Fachbereich 03, Goethe-Universität Frankfurt a. M.