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Agrar-Atlas

Daten und Fakten
zur EU-Landwirtschaft
Publikation

Europa hat kulinarisch viel zu bieten: Mozzarella aus Italien, Pilze aus Polen, Oliven aus Griechenland, Wein aus Frankreich, Brot aus Deutschland, Bier aus Tschechien, Schinken aus Österreich. Verschiedenste Spezialitäten aus unterschiedlichen
Landschaften – so schmeckt Europa, jeweils geprägt durch
Umwelt, Klima, soziale Strukturen und politische Geschichte.

Kein Sektor ist so stark mit der Gestaltung von Lebensräumen verwoben wie die Landwirtschaft. Ändert sie sich, ändern sich auch die ökologischen und sozialen Systeme, die darin
beheimatet sind. Schnell wandelt sich überall in Europa die Art, wie Äcker bewirtschaftet und Tiere gehalten werden. Vielerorts geben Betriebe auf. Die verbleibenden Höfe werden größer, und jeder Fleck wird möglichst intensiv genutzt.

Dass sich Wirtschaftszweige ebenso dynamisch ändern wie die Gesellschaft, ist weder gut noch schlecht. Die Frage ist, wer den Wandel politisch gestaltet – und wie. Die Veränderungen in der Landwirtschaft sind nicht nur für Bäuerinnen und Bauern
relevant, sondern für uns alle – eben weil sie so eng mit unserer Ernährung, dem Klima, der Natur und den ländlichen Räumen verbunden sind. Wichtig ist also, dass wir uns als Gesellschaft darauf einigen, in welche Richtung sich die Landwirtschaft
entwickeln soll.

Wir müssen uns entscheiden, welche Leistungen wir neben der Erzeugung von Nahrungsmitteln von den Bäuerinnen und Bauern erwarten und bezahlen wollen.

Wenn es gemeinsam ausgehandelte Ziele gibt, kann der Wandel in der Landwirtschaft aktiv begleitet und gestaltet werden. In der Europäischen Union ist das wichtigste Mittel dafür die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) – mit fast 60 Milliarden Euro im Jahr. Pro EU-Bürgerin und -Bürger sind das 114 Euro.

Die EU-Agrarpolitik ist ein bürokratisches Monstrum und für
Laien kaum zu verstehen. Viele wissen nicht einmal, dass es sie gibt. Alle sieben Jahre wird sie überarbeitet, und trotzdem fördert sie ein falsches System. Sie ist nicht auf das ausgerichtet, was vielen von uns wichtig ist: gesunde und leckere Lebensmittel, artgerechte Haltung von Tieren, Schutz von Gewässern, Vögeln und Insekten. Das Geld wird pro Hektar Fläche vergeben. Die größten Betriebe bekommen das meiste, während Programme für den Erhalt kleiner Bauernhöfe völlig unterfinanziert sind.

Darum gibt es diesen Atlas. Er zeigt, wie eng die EU-Landwirtschaft mit unserem Leben und unseren Lebensräumen verwoben ist. Er zeigt auch, wie wenig von dem Geld der GAP den Zielen zugutekommt, die sich Europäerinnen und Europäer von der Landwirtschaft wünschen.

Der Atlas zeigt aber auch, dass es sich lohnt, für eine bessere, grundlegend andere Agrarpolitik einzutreten. In vielen Ländern der EU wachsen die Bewegungen für nachhaltige, soziale und global gerechte Agrar- und Ernährungssysteme. Organisationen von Bäuerinnen und Bauern vernetzen sich mit Konsumentinnen und Konsumenten, mit Natur-, Umwelt- und
Tierschutzorganisationen sowie entwicklungspolitischen
Gruppen. Darum wird dieser Atlas auch in weiteren fünf
europäischen Sprachen und Länderversionen erscheinen. Der Atlas ist das Ergebnis europäischer Vernetzung, soll
Zivilgesellschaft und Bewegungen in vielen EU-Ländern stärken und damit die ökologische und soziale Agrar- und
Ernährungswende voranbringen.

Seit vielen Jahren ignorieren die Regierungen der EU-Mitgliedsländer nicht nur die Forderungen großer Teile der
Bevölkerung, sondern vertreten die Interessen der industriellen Agrarlobby in Brüssel. Das ist empörend. Damit leisten sie nicht nur der Landwirtschaft in der EU einen Bärendienst, sondern sind mitverantwortlich dafür, dass zentrale, von der EU selbst
gesteckte Ziele nicht erreicht werden – weder der Schutz des
Klimas, der Böden und Gewässer und der Artenvielfalt noch
globale Gerechtigkeit durch die nachhaltige Nutzung von
Ressourcen und einen fairen Außenhandel.

Geld für eine andere Agrarpolitik ist im Haushalt der EU vorhanden. Es muss so genutzt werden, dass Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft honoriert werden. Daher ist es höchste Zeit für eine lebendige gesellschaftliche Diskussion über die
Gestaltung der Landwirtschaft. Nur wenn die Menschen in der EU das Gefühl und das Wissen haben, dass das Geld für die Landwirtschaft sinnvoll und im Sinne des Gemeinwohls
verwendet wird, werden sie auch in Zukunft bereit sein, sie zu unterstützen.

Agrar-Atlas – Daten und Fakten zur EU-Landwirtschaft
Veröffentlichungsdatum: Januar 2019
Seitenanzahl: 52
Lizenz: CC-BY 4.0

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Agrar-Atlas
Daten und Fakten
zur EU-Landwirtschaft
ISBN: 978-3-86928-188-9